Frankfurt (tic), 7. März 2016 – Der allgemeinen Verunsicherung und anhaltenden gesellschaftspolitischen Diskussionen zu den Flüchtlingsströmen und daraus resultierenden Konsequenzen für die Europäische Union zum Trotz: die deutsche Reiseindustrie erwartet auch für 2016 erneut ein „gutes Jahr“ für die Branche. Nach einem eher verhaltenen Start fallen die Reiseentscheidungen in diesem Jahr „Last Minute“ aus, so das Ergebnis einer Umfrage unter Entscheidern der Reiseindustrie durch den Travel Industry Club zum Start der weltgrößten Reisemesse ITB-Berlin.
Das Credo der Befragung, die am Montag veröffentlicht wurde und an der sich 164 Manager aus der Reisebranche beteiligten: 59 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass sich die Bundesbürger von der aktuellen gesellschaftspolitischen Diskussion nicht verunsichern lassen und ins europäische Ausland verreisen werden.
Für den Großteil der Manager ist der Gewinner der Reisesaison 2016 bereits ausgemacht: 77 Prozent gehen davon aus, dass der Deutschland-Tourismus von der aktuellen Situation überproportional profitieren wird, da so mancher Tourist seinen Urlaub im eigenen Land verbringen wird. Allerdings gibt es nach Einschätzung der befragten Manager durchaus bereits jetzt auch Verlierer. So wird der europäische Kontinent aufgrund der weltweiten Berichterstattung über den Flüchtlingsstrom nach Meinung von 67 Prozent für internationale Reisende an Attraktivität verlieren. Noch deutlicher ist die Bewertung der Konsequenzen für das Reiseland Türkei. 80 Prozent der Entscheider gehen davon aus, dass das Verhalten der Türkei in der Diskussion um den Flüchtlingsstrom nach Europa fühlbar schaden wird. 78 Prozent sind zudem der Ansicht, dass der Tourismus in Ländern der sogenannten Balkan-Route – von Mazedonien über Serbien, Kroatien, Slowenien bis nach Österreich – leiden wird.
Welche Bedeutung das Thema „Flüchtlingspolitik“ für die Reisebranche hat, wird in der Bewertung der aktuellen Situation durch die Branchenvertreter deutlich. So glauben 76 Prozent der zwischen dem 23. und 28. Februar 2016 online befragten Manager, dass die aktuelle Flüchtlingspolitik durchaus das Potenzial hat, „die Europäische Union zu zerstören“. Mit 54 Prozent ist eine leichte Mehrheit der Ansicht, dass die Menschen in Deutschland die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt. Allerdings haben nur 30 Prozent dafür Verständnis, dass einige Staaten in der EU keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, Besonders ausgeprägt ist die Haltung der Reiseindustrie gegen die Wiedereinführung von Grenzkontrollen innerhalb der EU. 75 Prozent der vom Beratungsunternehmen MANUFACTS Research & Dialog im Auftrag des Travel Industry Club Befragten sind der Meinung, dass eine solche Maßnahme den Tourismus innerhalb der EU hemmen würde. Und 77 Prozent meinen, „es sei erschreckend, dass die Politik die Einführung von Grenzkontrollen für alle erwägt beziehungsweise bereits umsetzt und die Reisefreiheit des Schengen-Raums aufs Spiel setzt.“ Dennoch halten es nur neun Prozent der Befragten für möglich, dass angesichts der nationalen Egoismen in Europa der Euro als Gemeinschaftswährung bald abgeschafft und durch nationale Währungen ersetzt werden könnte. Ein möglicher Ausschluss Griechenlands aus dem Schengen-Raum wäre für 55 Prozent der Befragten keineswegs „Gift für den Tourismus“. 60 Prozent sind sogar der Ansicht, dass Griechenland auch außerhalb des Schengen-Raum nichts an seiner Attraktivität verlieren würde.
Dirk Bremer, President des Travel Industry Club: „Die Ergebnisse unserer aktuellen Umfrage zeigen sehr deutlich, wie differenziert die Reisebranche mit der Diskussion um die Flüchtlingspolitik und den Strom der Flüchtlinge nach Europa umgeht. Von Panik oder Verunsicherung in den eigenen Reihen keine Spur: zum einen ist sich die Branche der durchaus ernsten Situation durch Maßnahmen wie der Wiedereinführung von Grenzen innerhalb der EU und den möglichen Konsequenzen für die Reiseindustrie sehr wohl bewusst. Zum anderen setzen die Industrievertreter nach wie vor auf die ungebrochene Lust der Bundesbürger auf ihren Urlaub.“
Der Travel Industry Club wurde im Jahr 2005 gegründet und hat sich als unabhängiger und einziger Wirtschaftsclub etabliert, in dem Macher und Beweger sämtlicher Segmente der Reisebranche organisiert sind. Die rund 800 persönlichen Mitglieder (Stand März 2016) sind führende Köpfe der Reisebranche. Zu den Mitgliedern gehören Führungskräfte von Verkehrsträgern, Hotellerie, Reiseveranstaltern, Reisemittlern, Flughäfen, Verbänden, Technologieanbietern, Versicherungen und Beratungsunternehmen sowie Pressevertreter und akademische Lehrbeauftragte. Der Club versteht sich als innovativer \“Think Tank\“ der Branche und hat sich zum Ziel gesetzt, die wirtschaftliche Bedeutung der Reiseindustrie stärker ins Licht der Öffentlichkeit, der Medien und der Politik zu rücken. Bei verschiedenen Veranstaltungsformaten werden zukunftsweisende, wirtschaftlich relevante, gesellschaftspolitische und wissenschaftliche Themen in die breite Diskussion gebracht. Der Travel Industry Club ist die zentrale Netzwerk- und Kommunikationsplattform für die Entscheider der Reiseindustrie und der im Wertschöpfungsprozess verbundenen Unternehmen, zeichnet Persönlichkeiten sowie herausragende Leistungen der Branchenteilnehmer aus und schafft die Bühne für eine gebührende öffentliche Wertschätzung der Branchenbelange. Weitere Informationen sind abrufbar unter www.travelindustryclub.de.
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