Gräfelfing (ots) – Stillstand und Reformblockade waren 1997 der Hintergrund für die berühmte „Ruck-Rede“ des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog. „Nichts anderes erleben wir 15 Jahre später in der Landwirtschaftspolitik in Bund und Land“, kritisiert Hans Hohenester, Öko-Bauer und Naturland Präsident zu Beginn der BioFach in Nürnberg. Der Öko-Markt in Deutschland wächst abermals um fast zehn Prozent, die Umstellung auf Öko-Landbau verharrt im niedrigen einstelligen Prozentbereich. „Boden-, Klima-, Wasser- und Artenschutz werden damit exportiert, Mais-Monokulturen, Antibiotika-Missbrauch, Lebensmittelskandale und Bodenverluste werden heimisch in Deutschland“, bilanziert Hohenester die Landwirtschaftspolitik der letzten Jahre. „Es muss ein Lebensmittel-Ruck durch Deutschland gehen, damit wir gemeinsam an Lösungen für ein grünes, nachhaltiges Wachstum arbeiten können“, fordert Hohenester. Das derzeitige Trauerspiel in der Enquetekommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ durch parteitaktische Interessen zeigt exemplarisch die Blockade in den Köpfen der Verantwortlichen. Gerade in diesem Gremium könnte vorausschauende Politik gestaltet werden, schwarz-gelbe Vorstellungen des „Weiter so“ bremsen die Veränderungskräfte aus und führen wieder zum Stillstand.
„Innovationsfähigkeit fängt im Kopf an“
Dieser Satz aus der Herzog-Rede muss Grundlage der agrarpolitischen Entscheidungen für 2012 sein. Das aktuelle Öko-Barometer des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMELV) zeigt die zentralen Motive für den Kauf von Öko-Lebensmitteln auf: 94 Prozent der Befragten wünschen sich eine artgerechte Tierhaltung, 89 Prozent wollen Produkte regionaler Herkunft. Wenn allerdings immer mehr Öko-Produkte aus dem Ausland kommen, werden nicht nur die Umweltleistungen exportiert, sondern auch die Wünsche der Bürgerinnen und Bürgern ignoriert. „Die Weichenstellung für die zukünftige europäische Agrarpolitik (GAP) ab 2014 findet in diesem Jahr statt“, erläutert Hohenester. „Deswegen brauchen wir Mut und einen starken Willen, Innovationen umzusetzen. Ökologischer Landbau muss als Leitbild einer modernen und zukunftsfähigen Landwirtschaft festgeschrieben werden“, fordert der Naturland Bauer zur Eröffnung der Welt-Leitmesse für Öko-Produkte.
„Wenn es um die großen Fragen geht, honorieren die Bürger einen klaren Kurs“
Bei der Frage der Ernährungssicherung handelt es sich um eine der größten Frage der Menschheit. Der Weltagrarbericht, die Welternährungsorganisation (FAO) und die UN-Organisation für Handel und Entwicklung (UNCTAD) sehen den bisher eingeschlagenen Weg einer stark inputabhängigen, industriellen Landwirtschaft als Sackgasse. Auch hier ist ein Umdenken gefordert: Eine lokal angepasste, ökologisch orientierte Landwirtschaft auf der Basis des traditionellen Wissens der Kleinbauern liefert die Lösungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft. Ernährungssicherung sieht damit anders aus, als es die Vertreter der großen Agro-Konzerne immer wieder betonen. Das Part-nerland Indien der BioFach präsentiert positive Beispiele auf der Öko-Messe. Naturland und der Weltladen-Dachverband stellen Kleinbauerngenossenschaften aus Thailand, Sri Lanka und den Philippinen vor.
Naturland fördert den Ökologischen Landbau weltweit und ist mit 53.000 Bauern und über 500 Herstellern als Naturland Partner einer der größten Öko-Verbände. Als zukunftsorientierter Verband gehören für Naturland Öko-Kompetenz und soziale Verantwortung zusammen.